«Mein Hobby? Arbeiten, arbeiten, arbeiten»
Selvam Thuraisingam hat aus dem Nichts in elf Jahren ein erfolgreiches Transportunternehmen aufgebaut. In naher Zukunft will er nach Burgdorf expandieren.
Etwas angespannt wirkt Selvam Thuraisingam zu Beginn des Gesprächs, doch die Antworten kommen flott, er hat sich auf mögliche Fragen eingestellt und sich Antworten darauf zurechtgelegt. Der gebürtige Tamile, der seit einem Vierteljahrhundert in Lützelflüh lebt, spricht sehr gut Deutsch, aber er will sicher sein, dass er richtig verstanden wird: Deshalb sitzt der Verlobte seiner Tochter, ein angehender Jurist, zu seiner Rechten und übersetzt und präzisiert, wann immer notwendig.
Spätes berufliches Glück
Mit 43 Jahren erst machte sich Thuraisingam selbstständig. In elf Jahren hat er mit der «S.T.P. Selvam Transporte GmbH» in Lützelflüh eine florierende Unternehmung aufgebaut: Mietautos bietet er an, Nutzfahrzeuge ebenfalls, er führt Umzüge, Reinigungen und Räumungen durch und lagert vorübergehend heimatlos gewordenes Mobiliar ein. 20 Fahrzeuge umfasst der Fuhrpark mittlerweile, und genau so viele Personen arbeiten für den 54-jährigen. Das Kundenportfolio ist breit diversifiziert: Für die Gemeinde Hasle betreibt er den Schulbus, die Post vertraut ebenso auf seine Dienste wie diverse kantonale Verwaltungszweige, die ihm im Zusammenhang mit dem Umzug ins soeben eröffnete Burgdorfer Verwaltungszentrum Aufträge gaben. Was Selvam Thuraisingam, der längst auch auf dem Papier zum Schweizer geworden ist, aufgebaut hat, ist beeindruckend – dabei deutete lange Zeit nichts auf eine solche Karriere hin.
Schwierige Zeiten
Über sein Geschäft spricht der Unternehmer flüssig, gibt kurze und präzise Antworten. Merklich schwerer tut er sich mit der Zeit vor der Gründung seines Unternehmens im Jahr 2001. Thuraisingam, der sich am Telefon stets mit dem Vornamen «Selvam» meldet, erzählt nicht viel über seine Zeit in Sri Lanka: Er habe eine «nicht so gute Ausbildung» genossen, sagt er, Motoren hätten ihn aber schon seit jeher fasziniert und so habe er mit Transportdiensten ein Auskommen gehabt. Sein Geburtsland habe er seither nie mehr betreten, «das ist alles so lange her», sagt er. Nach einigen Jahren in Deutschland, gleich an der Schweizer Grenze, zog er wegen seiner künftigen Frau 1987 nach Lützelflüh. Zunächst arbeitete er zehn Jahre in der örtlichen Textilveredelungsfirma, bevor das Unternehmen aus wirtschaftlichen Gründen Stellen strich: Er stand auf der Strasse.
Es folgten vier «schwierige Jahre», wie Thuraisingam berichtet: Zunächst sah er sich mit der Arbeitslosigkeit konfrontiert – eine belastende Situation für den emsigen Thuraisingam, der «Arbeiten, arbeiten, arbeiten» als sein Hobby bezeichnet. Später chauffierte er Tag und Nacht Kundschaft im Taxi durch Burgdorf, «dabei lernte ich viele Leute kennen», bemerkt er dazu. Schliesslich verdiente er seinen Lohn eine Weile als LKW-Fahrer, bevor er sich sagte: «Weshalb baust du nicht selber etwas auf?» Seine Karriere als Unternehmer begann er mit einem Transport von Bürostühlen; sein erstes Fahrzeug war ein IVECO-Kleintransporter.
Heute schaue er mit Genugtuung auf das Erreichte zurück. Was ihm wichtig ist: «Ohne meine Familie hätte ich es niemals geschafft. Auch meinen Mitarbeitern, die aus aller Herren Länder kommen, bin ich zu Dank verpflichtet.» Thuraisingam, der nach wie vor bei Umzügen selber mit anpackt, weil ihm das persönlich «wichtig» sei, hinterlässt einen geerdeten Eindruck: Redet er über Kundenbeziehungen, spricht er von «Leuten, die mir helfen, mir Vertrauen schenken».
Schon bald in Burgdorf
Der Hautpsitz der Selvam GmbH sieht etwa aus, wie man es von einer Transportfirma erwartet: Grosse Strassenkarten hängen an der Wand, daneben Bilder von Fahrzeugen. Aufgelockert wird diese Nüchternheit von allerlei Erinnerungsstücken aus Sri-Lanka, von Bildern verschiedener hinduistischer Gottheiten etwa. Inmitten dieser Bilder und Karten sinniert der Unternehmer über die Zukunft seines Betriebs: «Meine beiden Töchter helfen nach wie vor im Betrieb mit, obwohl sie studieren, Medizin die eine, Betriebswirtschaft die andere. Letztere soll mich dereinst beerben», sagt Thuraisingam. Das ist allerdings noch ferne Zukunftsmusik – konkreter ist da schon die geplante Expansion: «Wir wollen in Burgdorf eine Zweigniederlassung eröffnen, um näher bei unseren Kunden zu sein.» Der Hauptsitz bleibe aber in Lützelflüh, denn: «Uns ist es wohl hier.»